Badhütten – ein vergessener Kurort
Bei Laimnau fließt eine alte Heilquelle ungenutzt in die Argen
„… Man wird endlich keinen Fehler begehen, wenn man dieses Bad in Anschoppungen des Unterleibs, der Leber, der Portadern und daher entstandenen Goldadern und des weiblichen Fortpflanzungssystems anrühmt, indem es durch seine sanfte Reizkraft die Tätigkeit der Gefäße allmählig vermehrt …“. Lobende Worte aus einer ärztlichen Beschreibung von 1822, die sich auf ein vergessenes Heilbad beziehen: Auf Badhütten im Argental südlich Laimnau. Man sagt heute landläufig Bad Laimnau, worin sich die geschichtliche Erinnerung ebenso spiegeln mag wie die Tatsache, daß man dort baden kann, als angenehme Erfrischung an heißen Tagen. Die Heilbadführer von heute verzeichnen weder Laimnau noch Badhütten. Aber das war früher einmal anders.
Niemand weiß, seit wann die Heilkraft der Quelle erkannt und genutzt wurde. Der Verfasser der Gattnauer Chronik vermutet, es könnte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gewesen sein, denn 1474 wurde in Schachen bei Lindau ein Schwefelbad errichtet. Der Chronist meint, erste Badbenutzer seien wohl die Langnauer Klosterherren gewesen. Die mit ihnen eng verbundenen Montfortgrafen hätten dann eine erste Badeanstalt dort gebaut und sich im Sommer oft in Badhütten aufgehalten. Auch weiß die Sage, die gräflichen Söhne hätten nahe beim Bad zur Kurzweil einen Acker angelegt, der seither zehntfrei blieb.
Urkundlich ist erstmals 1515 das „Bad zu Laimno“ erwähnt, 1520 erscheint es als „Hans Kochs Bad“, 1721 wird das Gut „zur Badhütten“ als Schupflehen verliehen. 1743 wird eine Hofstatt erwähnt, „alllwo das alte Haus gestanden“, und man liest den Flurnamen „in der alten Badhütten“. Eine Badordnung gab es schon im 16. Jahrhundert. Sie verlangt, und zwar als „althergebrachtes Badgeld 1 Böhmisch“ von denen, die „Tag und Nacht einsitzen“; wer nur bei Tag badete, hatte acht Pfennig zu zahlen. Ausführlich befaßt sich die Oberamtsbeschreibung von 1838 mit dem Bad, wobei sie sich vor allem auf ein Büchlein stützt, das ein Dr. Koller 1822 bei Gradmann in Ravensburg 1822 drucken ließ. Sein begeisterter Bericht hat folgenden Wortlaut:
In einem Zeitraume von etlich und 30 Jahren hatte der Verfasser dieser kleinen Schrift über das Bad bey Laimnau im Argenthale manche Gelegenheit, überzeugt zu werden, daß dieses Bad eine größere Aufmerksamkeit verdiene, als ihm bis daher zu Theil wurde. Viele Kranke, die er als nächster Arzt dahin wies, erhielten durch den Gebrauch des Bades, bey angemessener Ausdauer, ihre vollkommende Gesundheit wieder, wenn auch hie und da wenig Gründe zur Hoffnung vorhanden waren, keiner verließ dasselbe ohne Erleichterung. Deßwegen entstieg schon in früherer Zeit oft der Wunsch in ihm, daß dieses Bad bekannter und hiermit auch besuchter seyn möchte.
Diese kleine Schrift ist nun die Folge seines herzlichen Wunsches, welcher ganz ohne Nebenabsicht, nur Gutes zu bewirken den Zweck hat.
Zwar gehört dieses Bad nicht unter die eigentlichen Thermen, deren es in unserer Gegend gar keine giebt, indessen enthält es Stoffe von der Art, die jenen der eigentlichen Thermen, oder warmen Mineralquellen, sehr nahe tretten und vielleicht in mancher Hinsicht ihre Wirkung (wenigstens jene, die von Aussen nach Innen erwartet werden kann) selbst übertreffen.
Ein vorzüglicher Stoff dieses Wassers, worauf sich besonders seine Heilkraft gründet, ist das feuerfeste vegetabilische Laugensalz, welches sich schon beym Verkosten durch ein merkbares Beissen oder Brennen auf der Zunge zu erkennen giebt, und noch eine Weile nachher fortdauert, wenn das Wasser einige Zeit im Munde behalten wird.
Nach einer sorgfältigen chemischen Prüfung, deren theoretische Auseinandersetzung der Raum dieses Blattes nicht gestattet, enthält ein Pfund dieses Wassers schon ein Gran vegetabilisches Laugensalz. Schon dieses Salzstoffes wegen allein verdient dieses Badwasser die höchste Aufmerksamkeit, nicht nur weil unter allen nicht flüchtigen Stoffen dieser am leichtesten aufgesogen und in die Masse der Gäste geführt wird, sondern auch, weil keiner in solchem Grade geeignet ist, die Haut von ihren talkartigen Verschliessungen zu reinigen, und selbe hiedurch zur regelmäßigen Vollziehung ihrer zur Gesundheit nothwendigen Verrichtungen wieder tauglich zu machen, worauf größentheils die heilende Wirkung der Bäder beruht.
Neben diesem vegetabilischen Laugensalz enthält das Wasser Schwefel, welcher in etwas größerem Verhältnis vorhanden ist, und sich sowohl durch den Geruch als Geschmack deutlich verräth.
Obgleich diese Portion des Schwefels nicht bedeutend zu seyn scheint, muß dies jedoch in dieser Verbindung mit dem vegetabilischen Laugensalze ohne allen Anstand mehr Heilkräfte besitzen, als wenn der Schwefel dreyfach so grosser Menge für sich allein oder in einer anderen Verbindung vorhanden wäre; weil durch die so verhältnißmäßige Beymischung des Laugensalzes die schwere Aussaugung des Schwefels erleichtert und nachher eine Art der Schwefelleber erzeugt wird, die in einigen Krankheiten, von welchen unten die Rede seyn wird, als das erste Heilmittel anerkannt ist.
Endlich führt die Quelle einigen Salpeter mit sich, welcher zugleich die Wirkung der beeden vorherigen Bestandtheile unterstützt, und das Wasser gegen mehrerley Krankheits-Formen ersprießlich macht, die ihren Sitz in den Blut führenden Gefässen zu haben scheinen.
Siedet man dieses Badwasser, so wird es michicht, und der darin Badende fühlt seine Haut schlüpfrig und so beschaffen, wie wenn selber längere Zeit in einem Seifenwasser gewesen wäre.
Aus den Bestandtheilen, mit welchen diese Badquelle versehen ist, kann der Kunstverständige beurtheilen, in welchen Krankheiten das Bad mit Nutzen anzuwenden sey. Er wird dasselbe vortrefflich finden in den Krankheiten der Drüsen, in scrophulösen Geschwülsten und Vereiterungen, in der Engbrüstigkeit, die von daher entspringt wie selbst in der scophulösen Lungenschwindsucht, wenn selbe noch nicht zu weite Fortschritte gemacht hat; beym Kropfe, selbst dann, wann schon verhärtete Drüsen vorhanden wären. Nicht minder wird er ihm eine vorzügliche Heilkraft zuschreiben, bey allen Krankheiten, die von Unthätigkeit des Lymphsystems erzeugt wurden, wenn hierdurch nicht schon Anhäufungen des Wassers in der Brust und Bauchhöhle entstanden sind, in allen Arten der Kretze, in chronischen (langwierigen) Fußgeschwüren, sie mögen ihr Daseyn einer ausgearteteten Lymphe oder einem vernachläßigten oder übel behandelten Rothlaufe (Ueberröthe) zu verdanken haben, in allen äusserlichen schmerzhaften oder unschmerzhaften Geschwülsten, die nicht zur Wassersucht gerechnet werden können. Leicht ist zu ermessen, wie wohltätig diese Quelle auf veraltete Rheumatismen (Flüsse) die Gliedersucht und alle dahin verwandte Krankheitsformen wirken müsse. Man wird endlich keinen Fehler gegen die Lehre der Heilkunde begehen, wenn man dieses Bad in Anschoppungen des Unterleibs, der Leber, der Portadern und daher entstandenen Goldader und des weiblichen Fortpflanzungssystems anrühmt, indem es durch eine sanfte Reitzkraft die Thätigkeit der Gefässe allmählig vermehrt und die Stockungen in denselben, besonders aber in der Gebährmutter hebt, die monatliche Reinigung regelmäßig macht, die Tonkraft der Fleischfassern herstellt, und so manchmal die süssen Wünsche ehellicher Liebe in Erfüllung bringt.